ÉVéNEMENTS

9 février 2017 : Visite de l’exposition « L’esprit du Bauhaus »

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Zurück zum Handwerk – das schrieb sich das von Walter Gropius 1919 in Weimar gegründete Bauhaus auf die Fahnen. Sämtliche Künste, von der Architektur bis zur Webkunst, von der Malerei bis zur Typographie, sollten sich einem Ziel unterordnen – Kunst und Leben wieder zu vereinen. Für diese utopische Idee griffen Gropius und seine Mitstreiter auf das mittelalterliche Konzept der Bauhütte zurück, in der ebenfalls verschiedene Kunsthandwerker das eine Ziel verfolgten, eine gotische Kathedrale zu errichten. Von welchem Geist die Bauhaus-Bewegung beseelt war, zeigte die Ausstellung „L’Esprit du Bauhaus“ im „Musée des Arts décoratifs“. Diese Exposition wollte sich der Verein DAAD-Alumni France nicht entgehen lassen, und so ließ sich eine Gruppe von zwölf Teilnehmern durch die Räume des Museums führen. Mehr als 900 Objekte legten Zeugnis ab vom kreativen Geist des Bauhauses – und dank einer kundigen Führerin, die sich eine gute Stunde Zeit nahm, verlor man sich nicht völlig in der Materialfülle.

Der erste Abschnitt der Ausstellung rückte die Vorläufer der Bauhaus-Idee ins Blickfeld. Möbel von William Morris verwiesen auf die Arts-and-Craft-Bewegung in England, solche von Henry van de Velde auf den Jugendstil in Deutschland, Tabakdosen oder ein Teeservice von Josef Hoffmann sowie Einrichtungsgegenstände von Koloman Moser oder Joseph Maria Olbrich auf die Wiener Werkstätte. Bald schon begann sich die Alumni-Gruppe zu zerstreuen, denn immer wieder blieben bewundernde Blicke an einzelnen, formschönen und eleganten Gegenständen hängen, etwa an einem silbernen Sahnekännchen in Form eines Vogels. Da man die Führung jedoch auch sehr gut über Kopfhörer verfolgen konnte, übte sich so mancher im Multi-Tasking. Trotzdem bedauerte der eine oder die andere, dass nach Ende der Führung auch die Ausstellung ihre Pforten schloss.

Dass das Bauhaus nicht nur eine Produktionsstätte, sondern auch eine Lehranstalt war, zeigten Arbeiten von Schülern berühmter Künstler wie Johannes Itten oder Wassily Kandinsky. Enorm war hier die Spannbreite des Ausdrucks zwischen Esoterik und Konstruktivismus. Ins „Herz des Bauhauses“ führte die nächste Etappe. Man erfuhr, dass es zahlreiche Werkstätten gab, die jeweils von zwei „Meistern“ geleitet wurden, der eine zuständig für Form und Ästhetik („Formmeister“), der andere für die technische Seite der Produkte („Werkmeister“). Die Bandbreite der Arbeitsfelder deckte das gesamte Wohn- und Lebensumfeld des modernen Menschen ab, es gab Werkstätten für Druck, Glasmalerei, Architektur, Fotografie, Bühnengestaltung, Weberei, Töpferei und anderes mehr. Die Liste der Formmeister verzeichnet berühmte Namen, unter anderem Lyonel Feininger, Paul Klee, Josef Albers, László Moholy-Nagy oder Wassily Kandinsky. Gemäß dem Anspruch, nicht im Elfenbeinturm zu verharren, gestaltete man im Bauhaus auch Plakate, etwa für „Nivea“-Creme, oder für den Zirkus Royal. Im Jahr der Hyperinflation entwarf Herbert Bayer gar farbenfrohe 50-Millionen-Mark-Notgeldscheine. Von Oskar Schlemmer, von 1920 bis 1929 Formmeister der Werkstätten für Wandmalerei und Bühne, waren die legendären Figurinen aus seinem triadischen Ballett zu sehen.

Immer ging es im Bauhaus um komplette Lebensentwürfe, nicht um einzelne Kunst-Objekte. „Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau“, hieß es bereits im Gründungsmanifest von 1919. Eindrucksvoll sichtbar wird diese Absicht im „Haus am Horn“, das Georg Muche, Formmeister der Webereiwerkstätte, in Weimar errichten ließ. Mustergültig wurde hier die Bauhaus-Ästhetik verwirklicht. Weitere „Meisterhäuser“ wurden später in Dessau errichtet, wohin das Bauhaus im Jahre 1925 umsiedelte, nachdem es in Weimar politischen Querelen ausgesetzt war. In Dessau errichtete man ein aufsehenerregendes, neues Bauhaus-Gebäude, das mittlerweile zum Weltkulturerbe zählt. Ausführlich widmete sich die Ausstellung der Konzeption dieses Gebäudes, die vom Lichteinfall über Treppenführung und Balkongestaltung nichts dem Zufall überließ. 1928 trat Walter Gropius als Direktor des Bauhauses zurück, seine Nachfolger waren Hannes Meyer, danach Ludwig Mies van der Rohe. 1932 setzte die NSDAP, mittlerweile stärkste politische Kraft in Dessau, die Schließung des Bauhauses durch. Mies van der Rohe versuchte, das Haus in Berlin-Lankwitz als private Einrichtung fortzuführen. 1933 jedoch erzwangen die Nationalsozialisten endgültig die Auflösung des Bauhauses. Die Lehrkräfte verließen zum überwiegenden Teil Deutschland und verbreiteten die Bauhaus-Ideen in aller Welt. Ein Foto zeigte zum Beispiel Josef Albers, ehemals Formmeister der Glaswerkstätte, beim Unterricht am berühmten Black Mountain College in North Carolina. Den Abschluss der Ausstellung bildete ein Parcours von 100 Werken von 46 zeitgenössischen Künstlern, die der französische Künstler Mathieu Mercier ausgewählt hatte. Seine Auswahl sollte zeigen, wie die Bauhaus-Ästhetik in veränderter Form weiterlebt. Doch bei so manchem Objekt, das mehr in die Pop-Art spielte oder dem Dadaismus zuzurechnen war, hatte man  Schwierigkeiten, Schlichtheit und Formstrenge des Bauhaus-Stiles wiederzufinden. Schmunzelnd über manche Kapriole der Gegenwartskunst verließ man also die Ausstellung, begleitet vom Verdacht, dass so mancher eleganten Bauhaus-Schöpfung ein längeres Nachleben beschieden sein wird.

Autor: Mathias Nofze